1x1 für ein gutes Miteinander

Liebes Frauchen, liebes Herrchen

Nun bin ich also Dein neuer Hausgenosse und hoffe, dass ich Dir viel Freude machen kann. 
Damit wir uns auch gut verstehen, sollst Du folgendes von mir wissen:
Die ersten Wochen meines Lebens war ich durch und durch Egoist; Ich musste es auch sein, um so kräftig und gesund zu werden, wie ich es heute bin. Aber jetzt bin ich in der Entwicklungsphase, die die "Hundler" die Sozialisierungsphase nennen. Ich merke langsam, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin, sondern mich in mein soziales Gefüge (Rudel, bzw. Familie) einzuordnen habe. Ich entdecke die Welt und mache gleichzeitig auch die Erfahrung von Grenzen, die mir gesetzt werden. Diese Erfahrungen sind für mein späteres Leben, für alle Begegnungen mit Menschen, Hunden und den Rest der Welt sehr wichtig.
  Ich muss jetzt lernen, was ich darf und was ich nicht darf. 

 

Erlaube mir also bitte nicht heute etwas, was Du mir morgen verbietest!
Das könnte ich nicht verstehen. Würde ich in einem Rudel leben, dann würde sich jetzt meine Mutter mehr von mir zurückziehen und mein Vater übernähme die Erziehung.
Er würde viel mit mir spielen und mir dabei gleichzeitig Benimm beibringen.
Diese Vaterrolle musst Du jetzt übernehmen. Da ich Dir ja gefallen will, halte ich mich gerne an Deine Regeln, 
Du mußt sie mir nur so in meine Sprache übersetzen, dass ich sie verstehen kann. So ein
paar Regeln will ich Dir kurz erklären. Es gibt natürlich noch viel, viel mehr, was ich lernen kann!
1. Wahrscheinlich hast Du mich mit dem Auto in mein neues zu Hause abgeholt. Ich denke, dass ich es ganz gut vertragen habe, weil ich vorher nichts zu fressen bekommen habe. Gib mir bitte auch in Zukunft vor dem Autofahren nichts zu fressen!
Die Übelkeit beim Autofahren hat meistens etwas mit gestörtem Gleichgewicht zu tun. Dagegen wurde in meiner Kindheit eine gute Grundlage gelegt, weil ich von klein auf immer wieder auf den Arm genommen wurde. Das ist das beste Training fürs spätere Autofahren. Trotzdem kommt es doch manchmal zu Brechanfällen beim Autofahren. Aber das kann auch ganz einfach die Aufregung sein, und vielleicht auch ein bisschen Angst vor dem, was nach dem Autofahren kommt. Deshalb:

spiele viel mit mir, wenn wir nach der Fahrt aussteigen!
Dann verliere ich diese Angst auch ganz schnell und ich steige immer freudig ins Auto ein, egal wo es hingeht.

2. Da ich von Anfang an sehr viel mit Kindern zusammen war uns sie mit mir gespielt haben, ist eigentlich eine Kinderfreundlichkeit von mir garantiert. Wenn ich nicht später noch schlechte Erfahrungen mache, dürfte das auch so bleiben. Also lass mich mit kleinen Kindern bitte nicht alleine!

3. Natürlich bin ich noch nicht stubenrein, wenn ich in Deine Wohnung einziehe. Mit einem bisschen Aufmerksamkeit von Deiner Seite, dürfte ich das aber schnell lernen. Auch dafür haben meine Erfahrungen in meiner Kinderstube eine gute Grundlage gelegt. Mit dem Erwachen meiner Sinne in der 3./4. Lebenswoche hatte ich nämlich gleich die Möglichkeit vom Lager zu krabbeln und mein Geschäft davor zu verrichten. Vorher hat meine Mutter ja alles beseitigt. Es wiederstrebt mir, im Lagerbereich mein Geschäft zu machen.  Darum überlege Dir doch, wo ich darf!

Und wenn Du siehst, dass ich unruhig werde und herumschnüffele, dann trage mich schnell dorthin. Lass mich aber den Weg zurück möglichst alleine laufen (wenn es nicht zu weit ist); dann lerne ich ihn schon  kennen und finde ihn später selbst. Wenn es doch mal in der Wohnung passiert ist, dann nimm ein bisschen von dem Duft auf ein Stück Toilettenpapier o.ä. und lege es an die Stelle, wo ich dann darf.

Mit diesem Geruch verknüpfe ich es schneller. Die Duftmarke auf dem Fußboden musst Du aber gut desinfizieren, damit der Geruch überdeckt wird. Das verlockt sonst fürs nächste Mal! Schimpfen darfst Du ja mal, aber Strafen, wie hauen (auch mit einer Zeitung, oder ähnlichen Verlängerungen Deiner Hand) oder noch schlimmer: mit der Nase mich in meine Geschäft zu stoßen hilft nicht, weil ich es nicht verstehen kann. Ich habe ja nicht absichtlich etwas falsches getan. Solches Verhalten von Dir würde mich nur verunsichern und frustrieren, hätte aber nicht den gewünschten Erfolg.4. Apropos Strafen: Wenn es dann schon einmal sein muss, dann bitte nicht mit Schlägen, die sind so wenig hundegemäss, daß ich sie gar nicht richtig deuten kann. Sie würden mich nur verwirren und ich bekäme Angst vor Dir. Das willst Du ja sicher nicht.
Wenn meine Mutter mich strafen will, nimmt sie mich am 
Nackenfell und schüttelt mich kurz - das kann ich verstehen.

 

5. Lass Dir bitte, wenn Du mich holst noch genau erklären, was ich bisher zu fressen bekommen habe, und zu welchen Zeiten. Das erleichtert mir das Einleben. Am besten Du lässt Dir etwas Futter für mich mitgeben, damit ich keinen Durchfall von fremden Futter bekomme.
Solange ich noch so klein bin, bekomme ich noch mehrmals an Tag kleinere Mahlzeiten. Da ich jetzt aber allein bin und mich mit meinen Geschwistern nicht mehr um das Futter balgen muss, wundere Dich nicht, dass ich sehr wenig fresse und auch etwas abnehme. Glaub mir, ich fresse das, was ich zum groß und stark werden brauche. Wenn ich das Futter nicht mag, gib mir eine Mahlzeit am Tag weniger und lass das Futter nicht rumstehen, in der Hoffnung, das ich es doch irgendwann fressen werde. Dadurch kann ich nie vernünftige Fressgewohnheiten erlernen, werde viel zu dick und kann dann auch zu den unterschiedlichsten Zeiten meine Geschäfte machen. So werde ich auch ganz schlecht "sauber", denn wie Du Dir vorstellen kannst:
"Regelmäßiges Fressen = Regelmäßige Verdauung = regelmäßiges Geschäft!!!"

 

6. Übrigens, ich weiß ja dass ich nach Deiner Nase nach "stinke". Aber das stimmt überhaupt nicht! Im Gegenteil, ich rieche nach Heimat, nach meinen Schwestern und Brüdern und nach Mama. Wenn ich zu Dir nach Hause komme, suche ich mir ein schönes Plätzchen, wo ich mich vorzugshalber hinlege. Dieses Plätzchen wird durch meinen Geruch nach Heimat riechen. 
Das wird mir in den ersten Tagen sehr helfen. Deshalb, bitte, bitte drück ein Auge und die Nase zu und 
bade mich nicht gleich!

Generell muss man so einen Schäferhund, wie ich es bin, nicht wegen jeder Kleinigkeit baden. Erstens nimmst Du meinem Fell die Fettschicht, die mich wärmt und vor Nässe schützt, zweitens bade ich sowiso nicht besonders gerne. Dass Du mir im Winter die Pfoten vom Salz befreist und mir bei Matsch - und Regenwetter die Pfoten wäschst, bevor ich ins Haus gehe, ist ja absolut in Ordnung, aber ansonsten lass mich lieber trocknen und bürste mir das Fell dann aus!

7. Das leidige Alleine bleiben - wo ich doch von Natur aus immer mein Rudel, auch das Familienrudel bei Dir um mich haben möchte!
Damit ich nicht zu sehr weinen muss, oder Dur aus Langeweile etwas kaputtmache, trainieren wir es am besten Schritt für Schritt. Den Anfang machen wir am besten abends, wenn ich müde bin vom Toben und träge vom Fressen. Dann lässt Du mich zum ersten mal in einem Zimmer alleine und machst die Tür zu. Wenn ich nicht geweint habe, kommst Du nach ein paar Minuten herein und lobst mich - am besten mit Deiner sanftesten Stimme und mit Streicheln. Wenn ich aber Krach mache, dann kommst Du kurz herein und schimpfst: "Pfui ist das!" oder so ähnlich und gehst wieder. Wenn Du mir jetzt tröstend zureden würdest, müsste ich ja glauben, ich habe es richtig gemacht. Du siehst, es ist alles eine Frage der Verständigung.
Vielleicht hilft gegen das Alleinsein auch ein tickender Wecker in meinem Körbchen, oder ein Radio - probiere es aus!
Aber lass mich bitte nicht zu oft allein
das würde ich seelisch nur schwer verkraften. Damit ich aus Langeweile nicht auf dumme Gedanken komme, kannst Du mir ab und zu einen Büffelhautknochen spendieren. Der währe auch gut für meine Zahnpflege. Ein alter Brotkanten erfüllt einen ähnlichen Zweck. Du kannst auch herausfinden, was mein Lieblingsspielzeug ist und mich damit erfreuen. Lass Dir etwas einfallen. Deine Teppichfransen werden es Dir danken! (Auch eine einfache Papprolle vom Klopapier ist ein herrliches Spielzeug!)

 

8. Du weißt inzwischen, dass ich am liebsten immer da sein will, wo Du bist. Und auch der tägliche Spaziergang ist eine feine Sache und tut uns beiden gut. Natürlich genieße ich das freie Herumtollen am meisten. Aber ich sehe notgedrungen ein - es geht nicht immer ohne Leine. Und damit mir dann nicht immer beim Ziehen die Luft wegbleibt, musst du mir beibringen ordentlich an der Leine zu gehen. Wenn ich in meinen jugendlichen Temperament anfange zu ziehen, dann gibst Du der Leine einen ganz kurzen Ruck und lässt gleich wieder locker. So lerne ich: Ziehen ist unangenehm, wenn ich aber nicht ziehe, geht es mir gleich wieder gut. Das richtige "Bei-Fuß-gehen" kommt erst später, wenn ich groß bin. 

So was lernt man am besten auf dem Hundeplatz!
9. Das Herankommen lerne ich ganz schnell, wenn ich merke, dass es schön ist zu Dir zu kommen - ich werde dann gelobt und gestreichelt und bekomme vielleicht sogar ab und zu einen Leckerbissen von Dir. Du kannst es am besten erst einmal in der Wohnung ausprobieren. Wenn ich gerade sowiso auf dem Weg zu Dir bin, rufst Du meinen Namen und lockst mich mit "Komm her!" oder "Hierher!" Je freundlicher Deine Stimme ist, desto lieber komme ich zu Dir. Später, wenn ich den Befehl kenne und es draußen wichtiger ist, kannst Du ja energischer werden. Und auch das Sitzen auf Befehl lerne ich ganz schnell, wenn Du mir einen Leckerbissen unter die Nase hälst. Da ich ihn im Sitzen viel besser im Auge behalten kann, als im Stehen, werde ich mich automatisch hinsetzen, wenn ich ihn nicht erreichen kenn. Dann sagst Du schnell: "Sitz!" und gibst mir den Leckerbissen. Dass ich dabei auch gelobt werden will, versteht sich ja von selbst. So lerne ich es auf ganz einfache Art und Weise. Notfalls kann ein leichter Druck auf mein Hinterteil meine Begriffsstutzigkeit beheben.

10. Nun aber noch das Schönste und Wichtigste: Das Spielen! Je mehr du mit mir spielst (wenn ich ausgeschlafen habe) , um so enger wird unsere Beziehung und um so besser klappt die Verständigung. 
Im Spiel lerne ich vieles ganz einfach und nachhaltig!
Es ist schön für mich, wenn Du nicht immer so hoch über mir bist, sondern Dich auch mal Auge um Auge mit mir auf dem Teppich wälzt. Da kann ich meine Kräfte trainieren und meine Grenzen erfahren. Wenn ich mit meinen spitzen Zähnchen zu wüst zulange, musst Du mir das gleich verbieten, sonst lange ich später mit meinem kräftigen Gebiss, nach dem Zahnwechsel auch so zu und verletze jemanden, ohne es zu wollen.

 

Wunderschön ist es auch, mit anderen Hunden zu toben. Weil ich das in meiner Kinderstube mit meinen Geschwistern konnte, hatte ich die Möglichkeit die sogenannte natürliche "Beißhemmung" zu entwickeln. Aber im weiteren Spiel mit anderen Hunden lerne ich erst das lebensnotwendige Sozialverhalten.
Ich lerne mich älteren Hunden unterzuordnen und was so die Anstandsregeln bei Hundebegegnungen sind. Und so ein wildes Toben mit anderen Hunden trägt nicht unwesentlich zu meiner körperlichen und seelischen Ausgeglichenheit bei.
Das war erst mal so das allerwichtigste, damit wir viel Freude aneinander haben. Wenn Du noch mehr wissen willst - ruf nur meinen Züchter an, der freut sich, wieder was von Dir und mir zu hören, oder besuche mit mir doch einmal den nächsten Hundeplatz. Da gibt es für mich viele Kumpel zum
Spielen und für dich viele Hundehalterkollegen, mit denen Du Erfahrungen austauschen kannst. Und später kannst Du mir ja dort auch mal beibringen, wie ich einzuverlässiger Begleithund oder vielleicht sogar Schutzhund werde.


Nun kann eigentlich nichts mehr schief gehen mit uns !!!


 Dein neuer Hausgenosse